Die Auswirkungen des Klimawandels haben einen immer größer werdenden Einfluss auf den Immobiliensektor. Klimatische Veränderungen werden zukünftig Gebäude und ihre Funktionen beeinträchtigen. Von verstärkter Aufheizung der Gebäude durch ansteigende Temperaturen, über Schäden aufgrund von Überschwemmungen durch vermehrte und intensivere Starkregenereignisse, bis hin zum Wassermangel aufgrund von zunehmenden Dürreperioden, sind die prognostizierten Gefahren weitreichend. Um die Gebäude vor klimatischen Veränderungen zu schützen, sollten daher bereits in der Planungsphase Maßnahmen ergriffen werden.
Mit der EU-Taxonomie-Verordnung (Taxonomy Regulation, TR, VO (EU) 2020/852) hat die europäische Union im Juli 2020 ein Instrument eingeführt, das zielführende Ergebnisse liefert. Dieses Bewertungssystem, welches im Rahmen des European Green Deal entwickelt wurde, um die Klimaneutralität der europäischen Union bis 2050 zu ermöglichen, ist seit Januar 2022 anzuwenden. Durch klare Regeln und Rahmenbedingungen klassifiziert sie, wann ein Unternehmen nachhaltig oder umweltfreundlich wirtschaftet. Als Teil der Berichterstattung wird vorgeschrieben, eine Klimarisikoanalyse durchzuführen, welche mögliche künftige physischen Klimarisiken feststellt. Die Analyse soll Anpassungslösungen hervorbringen, die den Effekt von Klimarisiken verringern.
Dieser Artikel beschreibt neben den wirtschaftlichen Vorteilen, auch den Hintergrund sowie die Vorgehensweise einer Klimarisikoanalyse.
Wie profitieren Unternehmen von einer Klimarisikoanalyse?
Unternehmen profitieren auf unterschiedliche Arten von einer Klimarisikoanalyse.
Zunächst bietet die Analyse den Vorteil, zukünftige Klimagefahren zu identifizieren. Die heutigen klimatischen Bedingungen werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit von denen in 40 Jahren unterscheiden. Ein Blick in die Zukunft lässt Rückschlüsse darauf ziehen, welche Gefahren auf Immobilien in ihrem zweiten Lebensabschnitt zukommen und vor welchen Gefahren es sich zu schützen lohnt. Vor allem für den Immobiliensektor spielt dies eine große Rolle, denn Gebäude sind Gefahren von klimatischen Ereignissen besonders stark ausgesetzt. Sie sind an ihren Standort gebunden und können nicht umziehen, wenn Klimagefahren zu gefährlich werden.
Ein weiterer Vorteil der Analyse ist somit, dass die analysierten Klimagefahren bereits während der Planungsphase berücksichtigt werden können, und durch Gegenmaßnahmen zukunftsfähige Gebäude entstehen können.
Eine Klimarisikoanalyse kann auch dazu führen, dass bestimmte Standorte für Bauprojekte ausgeschlossen werden. Durch das Feststellen von Klimagefahren, welche zukünftig einen starken Einfluss auf einen Standort haben, wie zum Beispiel der Anstieg des Meeresspiegels, bietet die Analyse den Vorteil Investoren frühzeitig warnen zu können.
Indem Gegenmaßnahmen zu den prognostizierten Klimagefahren getroffen werden, steigt die Wahrscheinlichkeit einer höheren Immobilienbewertungen. Das Engagement in eine wirtschaftlichen Werterhaltung ermöglicht genauso, wie der langfriste Klimaschutz, positive Effekte bei Banken und Versicherungen.
Letztlich ist sie Teil der vorgeschriebenen Berichterstattung der EU-Taxonomie-Verordnung und bestätigt, dass die betrachtete Wirtschaftstätigkeit als ökologisch-nachhaltig eingestuft wird.
Wie erreichen Unternehmen den Konformitätsnachweis zur EU-Taxonomie-Verordnung?
Um den Nachweis der Konformität mit der EU-Taxonomie-Verordnung zu erbringen, müssen Unternehmen einen signifikanten Beitrag zu mindestens einem der 6 unten aufgeführten Umweltzielen leisten („substantial contribution“). Gleichzeitig darf es bei keinem der Umweltziele zu einer erheblichen Beeinträchtigung (sog. „do no sigificant harm“-Kriterium) kommen. Die Klimarisikoanalyse fällt in Umweltziel 2. Anpassung an den Klimawandel, und ist unabhängig davon durchzuführen, für welches Umweltziel der signifikante Beitrag geleistet werden soll.
Was sind die Umweltziele?
- Klimaschutz
- Anpassungen an den Klimawandel -> Klimarisikoanalyse
- Nachhaltiger Einsatz und Gebrauch von Wasser oder Meeresressourcen
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
- Vorbeugung oder Kontrolle von Umweltverschmutzung
- Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen
Mehr Informationen über die EU-Taxonomie finden Sie auf unserer Website.
Wie wird eine Klimarisikoanalyse durchgeführt?
Insgesamt kann eine Klimarisikoanalyse in vier Schritten unterteilt werden.
- Festlegung des Betrachtungszeitraums
- Einordnung relevanter und unrelevanter Klimagefahren
- Analyse der Risiken, wenn möglich unter Betrachtung von Klimaszenarien sowie des gewählten Betrachtungszeitraum
- Ermittlung von geeigneten Anpassungslösungen
Im ersten Schritt wird der Betrachtungszeitraum festgelegt. Da Baumann Consulting hauptsächlich Bauprojekte betreut, welche eine lange Lebensdauer anstreben, wird in den meisten Fällen das Basisjahr mit Projektionen aus 2040 sowie 2060 verglichen.
Im zweiten Schritt wird eine Einordnung von relevanten bzw. unrelevanten Klimagefahren durchgeführt. Die EU-Taxonomie-Verordnung gibt eine Bandbreite von Klimarisiken vor, welche untersucht werden sollen. Diese beinhalten Klimagefahren, die potenziell überall auftreten können sowie Klimagefahren, welche nur in bestimmten Regionen auftreten.
Der dritte Schritt beinhaltet die Analyse der identifizierten relevanten Klimarisiken.
Im letzten Schritt der Klimarisikoanalyse werden Anpassungslösungen erarbeitet, welche die Auswirkungen der analysierten Klimagefahren einschränken. Dieser Schritt unterscheidet sich je nach Projekt stark und erfordert detaillierte Kenntnis über sowohl das geplante Gebäude als auch über den Standort.
Was sind die geforderten Klimarisiken?
Klimagefahren, die potenziell überall auftreten können:
- Temperaturänderung
- Temperaturvariabilität
- Kältewelle/Frost
- Hitzewelle
- Hitzestress
- Änderung der Luftfeuchtigkeit
- Erhöhte UV-Strahlung
- Änderung der Niederschlagsmuster und -arten, starke Niederschläge
- Hochwasser
- Variabilität von Niederschlägen oder der Hydrologie
- Dürre, Wasserknappheit
- Wald- und Flächenbrand
- Sinkende Wasserstände
- Sinkende Wasserqualität
- Änderung der Windverhältnisse
- Sturm, Tornado
- Bodendegradierung
- Bodenerosion
- Erdrutsch
- Bodenabsenkung
Klimagefahren, die nur in bestimmten Regionen auftreten können:
- Abtauen von Permafrost
- Überlaufen von Gletscherseen
- Zyklon/ Hurrikan/ Taifun
- Versauerung der Ozeane
- Erhöhte CO2-Konzentration – Meeresgewässer
- Sinkende Wasserqualität – Meeresgewässer
- Salzwasserintrusion
- Anstieg der Meeresspiegel
- Hochwasser – Küstengebiete
- Sturmfluten
- Küstenerosion
- Solifluktion
- Lawine
Welche Anpassungsmaßnahmen können eingesetzt werden?
Anpassungsmaßnahmen sind weitreichend und unterscheiden sich je nach Projekt und Standort. Weitverbreitet sind Maßnahmen an der Gebäudehülle, der Gebäudetechnik oder dem Außenbereich. Diese umfassen etwa die Verwendung von hellen Materialien, einer großflächigen Begrünung mit einer Vielzahl an Bepflanzungen oder den Einsatz von erneuerbaren Energien. Helle Fassaden und Bepflanzungen wirken der Aufheizung eines Gebäudes entgegen. Photovoltaikanlagen können nicht nur dabei helfen den Energiebedarf zu senken, indem Sonnenstrahlung zu Strom umgewandelt wird. PV-Anlagen verhindern die direkte Strahlung auf das Dach, wodurch der Hitzebelastung entgegengewirkt wird. Von wassersparenden Durchflussbegrenzern zur Entgegenwirkung von Wasserknappheit bis zur Absicherung von Hängen, um Erdrutsche zu vermeiden, sind für jede Klimagefahr passende Maßnahmen einsetzbar.
Auch die Betrachtung von Zukunftsszenarien bei der Simulation des thermischen Raumkomforts und die Durchführung der Kühllastberechnung mit angepasstem CDD (Cooling Design Day = der wärmste Tag des gewählten Ermittlungszeitraums) stellen sicher, dass der thermische Komfort für Nutzer auch zukünftig sichergestellt ist. Dabei zu beachten ist, dass die Anpassungslösungen sowohl naturbasiert sein müssen als auch deckend mit den lokalen, regionalen bzw. nationalen Anpassungsplänen.
Fazit
Der vorliegende Bericht macht deutlich, dass sowohl Unternehmen als auch ihre Gebäude und Nutzer von einer Klimarisikoanalyse profitieren können. Die Analyse von zukünftigen Klimagefahren kann Ihr Gebäude vor möglichen Schäden schützen und ist damit langfristig attraktiver für potenzielle Investoren.
Wollen auch Sie ihre Gebäude schützen und von den Vorteilen einer Klimarisikoanalyse profitieren? Baumann Consulting kann Sie gerne dabei unterstützen eine Klimarisikoanalyse für Ihren Standort zu erstellen.