Beat the Heat: Smarte Strategien für ein angenehmes Raumklima im Sommer

Atefeh Salehi, Building Performance Analyst & Commissioning Engineer

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Sommer Hitze
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Mit steigenden Temperaturen heizen sich die Gebäude in den warmen Monaten schnell auf. Das Ziel des sommerlichen Wärmeschutzes ist es, Gebäude, Räume und damit die Nutzer vor den hohen Außentemperaturen und der resultierenden Aufheizung durch die solare Einstrahlung zu schützen. Das Raumklima soll als angenehm und behaglich empfunden werden, ohne zu feucht oder trocken zu sein.
Beim sommerlichen Wärmeschutz geht es nicht nur um den Komfort, sondern auch darum, die Gesundheit und Produktivität der Menschen, insbesondere bei heißem Wetter, zu erhalten. Studien belegen, dass die Leistungsfähigkeit bei Raumtemperaturen über 26°C stetig abnimmt. Aufgrund des Klimawandels werden die Sommer immer heißer. Daher ist es wichtiger denn je, Wege zu finden, Gebäude kühl zu halten und den Energieverbrauch zu optimieren.

Hitze in Innenraumen
Abbildung 1: Hitze in Innenräumen (Quelle: gala.de)

Effektiver sommerlicher Wärmeschutz wirkt sich auf verschiedene Parameter positiv aus.

  • Komfort: Einer der Hauptgründe für den sommerlichen Wärmeschutz ist die Verbesserung des Komforts der Nutzer. Hohe Temperaturen können zur Unbehaglichkeit führen und erschweren es, sich zu konzentrieren und tägliche Aufgaben effizient zu erledigen. Ein entsprechender Wärmeschutz trägt zu einer angenehmen Raumtemperatur bei, fördert das Wohlbefinden und steigert die Produktivität.
  • Gesundheit: Übermäßige Hitze kann erhebliche Gesundheitsrisiken darstellen, insbesondere für gefährdete Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen, Kinder und Personen mit bestimmten medizinischen Erkrankungen.
  • Energieeffizienz: Die Umsetzung von Maßnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz tragen in der Regel auch zur Energieeffizienz bei, indem der Bedarf an übermäßiger Kühlung reduziert wird. Mit der Minimierung von Wärmegewinnen durch Dämmung, reflektierenden Oberflächen und Beschattungselementen benötigen Gebäude weniger Energie, um komfortable Temperaturen aufrechtzuerhalten.
  • Umweltauswirkungen: Der übermäßige Einsatz von Klimaanlagen und anderen Kühlsystemen trägt zur Emission von Treibhausgasen bei und verschärft den Klimawandel. Mit der Reduzierung des Kühlbedarfs durch einen effektiven sommerlichen Wärmeschutz können wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern und die Umwelteinwirkungen mindern. 

Die Umsetzung geeigneter Maßnahmen und Strategien ist entscheidend für die Schaffung nachhaltiger und widerstandfähiger Gebäude, die den Herausforderungen steigender Temperaturen gewachsen sind. 

Ursache der Überhitzung im Gebäude

Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Überhitzung des Innenraumklimas in den heißen Sommermonaten. Zu den wichtigsten gehören: Außentemperatur, solare Einstrahlung, Gebäudeorientierung, Gebäudehülle, Luftzirkulation, interne Wärmequellen wie elektrische Geräte und Beleuchtung, Wärmespeicherkapazität von Materialien sowie Größe und Anzahl der Fenster. Diese Faktoren sind im Einflussbereich des Projektteams und deren Auswirkung kann durch Variantenuntersuchungen analysiert und optimiert werden. 

Wichtigste Tipps zu dem sommerlichen Warmeschutz
Abbildung 2: Wichtigste Tipps zu dem sommerlichen Wärmeschutz (Quelle: Homeplaza.de)

Praktische Tipps und Empfehlungen zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes

Zur Vermeidung von aufwendigen Planungsänderungen ist es wichtig die thermische Behaglichkeit bereits in der Entwurfsphase zu berücksichtigen. Dabei sollten drei Hauptfaktoren beachtet werden: die Gebäudehülle, die Gebäudetechnik zur Raumklimatisierung und die möglichen Nutzereingriffe wie z.B. natürliche Belüftung über Fenster oder Öffnungselemente. Andernfalls werden nicht nur die Nutzer des Gebäudes in den warmen Monaten überlastet, sondern auch die Gebäudesysteme und deren Energiebedarf.

Durch die Integration von energieeffizienten und nachhaltigen Prinzipien im Sinne des sommerlichen Wärmeschutzes, können wir Gebäude schaffen, die optimalen Komfort bieten und gleichzeitig die Ziele der Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung vorantreiben.

Hier sind einige praktische Maßnahmen und Lösungen zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes:

  • Automatisierte Sonnenschutzsysteme:Die Integration eines automatisierten Sonnenschutzes wie motorbetriebene Rollläden, Jalousien, oder Markisen ermöglicht es, die Sonneneinstrahlung je nach Bedarf zu regulieren. Diese Systeme reagieren auf Sensoren und regeln automatisch, um Überhitzung zu verhindern, indem sie sich bei intensiver solarer Einstrahlung schließen und sich bei bedecktem Himmel öffnen.
  • Optimierung der thermischen Gebäudehülle: Eine optimierte thermische Gebäudehülle kann dazu beitragen, die Wärmetransmission (Wärmeeintrag in das Gebäude) und die solare Einstrahlung über Fenster zu reduzieren und somit die Aufheizung der Innenräume zu minimieren. Der Wärmeeintrag in das Gebäude kann z.B. durch Vermeidung von Wärmebrücken, verbesserter Dämmung und hocheffizienter Verglasung (U-Wert und g-Wert) reduziert werden.
  • Optimierung der thermischen Speichermasse:Die Verwendung von Baustoffen mit hoher Wärmespeicherkapazität kann dazu beitragen, überschüssige Wärme während des Tages aufzunehmen und sie später langsam wieder abzugeben, was zu einer gleichmäßigeren Raumtemperatur und einem verzögerten Temperaturanstieg führt.

Durch die Implementierung dieser Maßnahmen und Lösungen kann der sommerliche Wärmeschutz in Gebäuden erheblich verbessert werden, indem der Eintrag von solarer Wärme reduziert, und die thermische Leistungsfähigkeit der Gebäudehülle optimiert wird.

Berechnung und Betrachtungsmethoden

Der Nachweis vom sommerlichen Wärmeschutz für Wohngebäude und Nichtwohngebäude wurde erstmalig mit der Energieeinsparverordnung 2009 (EnEV) verpflichtend. Dieser wird nach DIN 4108-2 Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz, durchgeführt. Im November 2020 wurde die EnEV durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) abgelöst.

Bei den Berechnungen zum sommerlichen Wärmeschutz im Zusammenhang mit DIN 4108-2 Teil 2 sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:

  • Klimadaten: Die Genauigkeit der Klimadaten für den spezifischen Standort des Gebäudes ist entscheidend. Dazu gehören
    Verglasung Eigenschaften und Einfluss im Innenraumklima
    Abbildung 3: Verglasung Eigenschaften und Einfluss im Innenraumklima (Quelle: Rolls.info)
    Informationen über solare Einstrahlung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und -richtung.
  • Gebäudegeometrie und Ausrichtung: Die Größe, Form und Ausrichtung des Gebäudes beeinflussen dessen Exposition gegenüber der solaren Einstrahlung und vorherrschenden Winden. Simulationen sollten diese Faktoren berücksichtigen, um die Wärmegewinne und -verluste des Gebäudes zu bestimmen.
  • Baumaterialien und Dämmung: Die thermischen Eigenschaften von Baumaterialien und Dämmstoffen beeinflussen maßgeblich die thermische Leistung des Gebäudes. Simulationen sollten die verwendeten Materialien und deren Wärmeleitfähigkeit, Wärmespeicherkapazität und Widerstand gegen Wärmeübertragung berücksichtigen.
  • Beschattung und Verglasung: Simulationen sollten die Wirksamkeit von Beschattungsvorrichtungen wie Vordächer, Markisen und Lamellen zur Reduzierung direkter solarer Einstrahlung und Reduzierung der damit verbundenen Wärmegewinne bewerten. Auch der Typ und die Eigenschaften der Verglasung (z.B. U- und g-Wert) sollten berücksichtigt werden.
  • Belüftung und Luftströmung: Natürliche Belüftung und der damit verbundene Luftstrom (z.B. Querlüftung, Position der Fenster, …) im Gebäude spielen eine entscheidende Rolle für die Aufrechterhaltung des thermischen Komforts in den Sommermonaten. Simulationen sollten Luftwechselraten und die Wirksamkeit von Belüftungsstrategien wie Querlüftung und Schachtlüftung (z.B. Atrium mit Öffnungselementen im Dach) analysieren.
  • Nutzung und interne Wärmegewinne: Die Anzahl der Nutzer, Geräte, Beleuchtung und andere interne Wärmequellen tragen zu den internen Wärmegewinnen des Gebäudes bei.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren, kann der Kühlbedarf und der Energieverbrauch des Gebäudes genau vorhergesagt werden.

Vorrausschauende Berechnungsmethode

Aufgrund kontinuierlich steigender Temperaturen ist es unsere Empfehlung, die zukünftigen klimatischen Bedingungen im Nachweis für den sommerlichen Wärmeschutz zu berücksichtigen. Die Beziehung zwischen “Level-Indikator 5-1“ (technischen Bericht des JRC der Europäischen Kommission) und dem sommerlichen Wärmeschutz liegt in ihrem gemeinsamen Ziel, eine komfortable und gesunde Innenraumumgebung für die Gebäudenutzer sicherzustellen, insbesondere während der warmen Monate.

Deshalb ist es vorteilhaft, die Anforderung durch die „Level Indikators“ (Level 5-1) auszuwerten. Dazu wird ein Worst-Case-Szenario (mittlere bis hohe Ausprägung) für die zukünftigen klimatischen Bedingungen der Jahre 2030 und 2050 analysiert. Dies bildet den Einfluss des Klimawandels auf den thermischen Einfluss des Gebäudes genauer ab und stellt sicher, dass die Planung und die Gestaltung des sommerlichen Wärmeschutzes robust genug sind, um auch mit sommerlichen Klimaextremen zurechtzukommen.

Case Study – Variantenuntersuchung

Bei Baumann Consulting bieten wir nicht nur den Nachweis der Konformität mit dem sommerlichen Wärmeschutz an, sondern analysieren auch Gebäude und technische Anlagen und identifizieren Maßnahmen zur Verbesserung und Optimierung des Raumklimas. Diese werden gemeinsam mit dem Projektteam weiterentwickelt.

Am Beispiel eines Gebäudes mit Mischnutzung zeigen wir die Auswirkung eines der Faktoren auf die Behaglichkeit auf. Das Ergebnis der sommerlichen Wärmeschutzsimulation zeigt eine deutliche Überschreitung der erlaubten Überhitzungsstunden im Verlauf eines Jahres. In der Planungsvariante waren dies über 500 Stunden für EG – Zone 1. Erst die Reduzierung des g-Werts auf 0,38 und führte zu einer signifikanten Unterschreitung.  Daher ist es wichtig, die optimalen Eigenschaften zu identifizieren, die zur Schaffung eines behaglichen Innenraumklimas erforderlich sind.

Vergleich des Einflusses-der Optimierung bei der Erfullung des sommerlichen Warmeschutzes
Abbildung 4: Vergleich des Einflusses-der Optimierung bei der Erfullung des sommerlichen Warmeschutzes
Einfluss der bewerteten Faktoren auf die operativen Temperaturen während des Jahres
Abbildung 5: Einfluss der bewerteten Faktoren auf die operativen Temperaturen während des Jahres

Fazit und Zusammenfassung

Die Klimaveränderung wird langfristig zu wärmeren Sommern führen. Das Verhalten von Gebäuden bei hohen Temperaturen im Sommer und die Maßnahmen, die ergriffen werden können, um eine übermäßige Erhitzung zu vermeiden, sind daher wichtige aktuelle Themen für die energieeffiziente Kühlung von Gebäuden und die Gesundheit der Nutzer. Sommerlicher Wärmeschutz trägt nicht nur zur Behaglichkeit des Innenraums bei, sondern begrenzt auch den Energieverbrauch und reduziert die Umweltauswirkungen von Gebäuden. Der aktuelle Trend in der Architektur, wie z.B. ein höherer Glasanteil in den Fassaden, Holzkonstruktionen und Leichtbauweisen, fördern das Raumklima bei steigender sommerlicher Hitze leider nicht.

Insbesondere in städtischen Gebieten mit Hitzeinseln im Sommer, stehen Architekten, Planer und Energieberater vor der Herausforderung, die Anpassung an den Klimawandel zu berücksichtigen und angemessene Maßnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz zu planen. Dabei genügt es nicht, sich nur auf einzelne Faktoren zu konzentrieren.

Durch die gesamtheitliche Integration von Maßnahmen können Planungsteams, Eigentümer, Bauherrn und auch politische Entscheidungsträger gesündere, komfortablere und energieeffizientere Gebäude schaffen.

Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft unserer Städte gestalten.

Bei Problemen mit thermischem Komfort oder Fragen wenden Sie sich bitte an Heiko Muschiolik, Niederlassungsleiter Büro Frankfurt. Er berät Sie gerne zu diesem Thema.

Beat the Heat: Smarte Strategien für ein angenehmes Raumklima im Sommer